Warum künstliche Nisthilfen?
Die meisten Vögel bauen Nester in Sträuchern, Bäumen oder Hecken. Diese Nester werden von den sogenannten Freibrütern angelegt, zu denen unter anderem die Amsel gehört. Andere Arten sind allerdings auf natürliche Hohlräume und deren zusätzliche Schutzfunktion angewiesen, in denen sie ihr Nest bauen können. Diese als Höhlenbrüter bezeichneten Vogelarten besiedelten ursprünglich Aushöhlungen in Bäumen, Hängen oder Felsformationen; daneben werden Unterschlupfmöglichkeiten in alten Bäumen oder Totholz genutzt. Da jedoch gerade diese in städtischen Gebieten kaum für die Tiere aufzufinden sind, bieten Nistkästen eine willkommene Möglichkeit, der Wohnungsnot der Vögel entgegenzuwirken.
Dabei ist Nistkasten aber nicht gleich Nistkasten. Verschiedene Vogelarten haben unterschiedliche Ansprüche an ihre Unterkunft. Die Art der Höhle ist somit auch ein entscheidendes Kriterium dafür, welche Vogelarten sich dort niederlassen können.
Vollhöhle
Eine Vollhöhle ist ein geschlossener Kasten mit einem Einflugloch.
Diese Art Nistkästen wird von einer großen Anzahl verschiedener Vogelarten angenommen,
u.a. Kleiber, Trauerschnäpper, Stare, Mauersegler, Meisenvögel (Kohl-, Blau-, Sumpf-, Tannenmeise) und Sperlinge (Haus-, Feldsperling).
Die Größe des Einflugloches bestimmt, von welchen Vogelarten der Nistkasten genutzt werden kann:
Vollhöhlen-Kästen stellen den künstlichen Ersatz für Spechthöhlen dar, welche die Vögel in naturnahen Wäldern als Folgenutzer beziehen würden.
Als Nischenbrüter werden Vogelarten bezeichnet, die als Nistplatz für ihre Brutzwecke Nischen benötigen. Anders als Höhlen- oder Freibrüter legen die nischenbrütenden Vogelarten üblicherweise ihre Nester eben in Nischen von Felswänden, Geröllhalden, Gebäuden, Bäumen, Böschungen o.ä. an.
Zu den Nischenbrütern werden unter anderem Singvogelarten wie Wasseramsel, Bachstelze, Gebirgsstelze, Rotkehlchen, Grauschnäpper, Hausrotschwanz und zuweilen Gartenrotschwanz gezählt; aber beispielsweise auch Greifvögel, wie Turm-, Rötel- und Wanderfalke oder der Uhu. Eine unbedingte Einstufung als Nischenbrüter ist nicht immer für jede Art möglich, da manche Arten, je nach Örtlichkeit, etwa auch als Freibrüter auf dem Boden (z.B. Rotkehlchen) oder als Höhlenbrüter (z.B. Gartenrotschwanz) in Erscheinung treten. Die üblicherweise einzige Vogelart Eurasiens, die als Frei-, Nischen- und Höhlenbrüter angetroffen werden kann, ist der Zaunkönig.
Für etliche nischenbrütende Arten entwickelte der Vogelschutz im Laufe der Zeit verschiedene Nisthilfen. Davon ist die nach vorne zur Hälfte offene, sogenannte Halbhöhle für nischenbrütende, kleinere Singvögel vielleicht am bekanntesten.
Halbhöhle
Als Halbhöhle wird ein Nistkasten bezeichnet, dessen Front im oberen Teil offen ist und wegen des stärkeren Lichteinfalls gerne von Bachstelzen, Hausrotschwänzen und Grauschnäppern angenommen wird. Durch die große Öffnung sind die Halbhöhlen allerdings relativ anfällig für Fressfeinde. Damit dennoch sicher gebrütet werden kann, sollten die Nistkästen eher lang als hoch sein, um einen geschützten Platz im hinteren Teil der Höhle gewährleisten zu können. Als Standorte bieten sich eher große Gärten oder Schrebergärten an. Ganz große Halbhöhlenkästen an hohen Gebäuden werden dagegen gerne von Turmfalken angenommen, auch in der Stadt.
Neben Voll-, Halb- und Nischenbrüterhöhlen gibt es natürlich noch weitere Arten der Bewohnung unter den zahlreichen heimischen Vogelarten.
So bauen Wald- und Gartenbaumläufer ihre Nester z.B. in Spalten abgeplatzter Rinde an Bäumen oder ähnlichen Ritzen an Gebäuden. Für diese Vögel gibt es Spezialkästen, die den Wohnraum am Baumstamm imitieren sollen.
Auch für Mauersegler und Rauchschwalben gibt es spezielle Nisthilfen für Gebäude, die deren besonderen Bedürfnissen gerecht werden.
Freibrüter sind Vogelarten, die ihre Nester und Horste frei, das heißt nicht in Höhlen oder in Nischen anlegen. Für viele Vogelarten kommen dafür allerdings Bäume, Sträucher, Hecken, Reisighaufen, Röhricht usw. in Betracht. Doch für andere freibrütende Arten wiederum können Gebäude oder deren Dächer, Felswände und Gewässerinseln geeignete Niststätten bieten. Auch die sogenannten Bodenbrüter sind grundsätzlich zu den Freibrütern zu zählen.
Freibrüter wie Buchfink, Hänfling, Dompfaff und Neuntöter bauen ihre Nester gerne im oberen Teil von Hecken und Sträuchern; dagegen bevorzugen Grasmücken, Zilpzalp und Zaunkönig dichtes Gestrüpp in Bodennähe. Weitere Freibrüter sind u.a.: Heckenbraunelle, Stieglitz, Rotkehlchen, Singdrossel und Amsel.
Bei den künstlichen Nisthilfen werden die Freibrüter meistens vergessen. Ja, man lichtet die Gebüsche sogar so stark aus, dass dort weder Rotkehlchen noch Zaunkönig einen Unterschlupf finden. Besonders bei Flurbereinigungen gehen viele Hecken verloren und oftmals wird nicht einmal am Waldrand ein Heckenstreifen geduldet. In unseren Gärten können wir Freibrütern mit einigen Tricks Nistplätze schaffen. Im Hausgarten fällt alljährlich Reisig an, von Hecken, von geschnittenen Obstbäumen oder Abdeckreisig vom Winter. Meistens wird dieses Reisig entsorgt, weil man Ordnung haben möchte. Viel sinnvoller hingegen ist es, das Reisig irgendwo in einer Ecke locker aufzuschichten. In diesen Reisighaufen brüten Zaunkönige, Rotkehlchen, Heckenbraunelle und andere Vögel.
Nistquirle entstehen, wenn man Zweige eines Strauches von Hainbuche, Weißdorn, Liguster oder anderen Heckenpflanzen zusammenbindet. Die Zweige müssen sich dabei kreuzen und einen Trichter bilden, der so groß sein soll, dass eine große Faust darin Platz hat. Die Zweige sollen sich gegenseitig verstreben, damit sich die Lage auch bei Wind nicht verändert. Grasmücken, Drosseln, Hänflinge, Girlitz, Distelfink, Heckenbraunelle, Zaunkönig haben schon in solchen Nisthilfen gebrütet. Nistquirle kann man aber auch durch Schnitt erzeugen. Für den Quirlschnitt eignen sich besonders gut Weißdom, Hainbuche, Weide, aber auch Feldulme, Wildapfel und Wildkirsche. Vom Herbst bis zum zeitigen Frühjahr - vor dem Austrieb - können wir die Quirle schneiden. Und zwar werden die Gehölze in 1,2 oder 1,8 Metern Höhe abgeschnitten oder abgesägt. Um die Schnittstelle herum entwickeln sich ringförmig Schößlinge. Im kommenden Herbst schneiden wir diese Schößlinge auf etwa 10 cm zurück, durch den erneuten ringförmigen Austrieb bildet sich dann eine richtige Nistkrone. Wir sollten die Nistquirle alljährlich überwachen und immer wieder einmal zurückschneiden, damit sie nicht kahl werden. An Dornensträuchern bilden die austreibenden Zweige gleichzeitig einen guten Schutz gegen Feinde.
Praktische Tipps zum Aufhängen von Nistkästen
Bei der Materialwahl des Nistkastens sollten Sie auf Holz (oder Holzbeton bzw. Pflanzbeton) zurückgreifen. Bei entsprechender Wandstärke bieten diese Materialien das beste Innenraumklima und sind zudem noch atmungsaktiv. Nistkästen aus Holz- oder Pflanzbeton sind zudem überaus widerstandsfähig und trotzen möglichen Spechtattacken.
HOLZ
- Verwenden Sie nach Möglichkeit Holz mit dem FSC-Siegel aus deutschen bzw. europäischen Forsten.
- Verwenden Sie zum Eigenbau von Nistkästen möglichst ungehobelte Massivholz-Bretter aus Eiche, Robinie, Lärche oder Kiefer; ggf. auch aus Tanne oder Fichte (Dicke: ca. 18-20mm).
- Verzichten Sie auf Holzschutzmittel wie Lacke und Lasuren. Um die Nistkästen vor Feuchtigkeit und Pilzbefall zu schützen, können die Außenflächen mit Naturölen, wie z.B. Leinöl, behandelt werden.
- Die Innenwände des Kasten dürfen nicht zu glatt sind, damit die flüggen Jungvögel auch ohne Probleme aus ihrem Nest kommen können.
Verwenden Sie zum Zusammenfügen der Teile nur Schrauben, keine Nägel. Das erspart zusätzliches Verleimen.
Auf Materialien wie Kunststoff oder Blech können Sie verzichten. Diese sind nicht atmungsaktiv, bieten kein gutes Wohnklima und sind viel zu glatt. Jedoch bietet ein Blech um das Einflugloch einen Schutz gegen das Aufhämmern von Fressfeinden, v.a. vom Specht.
Höhe
In der Regel hängt ein Nistkasten in etwa 2 bis 3 m Höhe.
Darüber hinaus gelten folgende Spezifikationen:
- Im Garten, umzäunte Grünflächen: 1,5 bis 1,8 m (Augenhöhe)
- Ansonsten: 2,8 bis 3,5 m
- Spatzen: zwischen 4 und 10 m, am besten direkt unter dem Dach
- Mauersegler: ab 4 m mit freiem Anflug
- Großvögel wie Turmfalke: je nach Gebäudetyp, ab ca. 10 m
Befestigung:
Zur Befestigung an Bäumen sollten nach Möglichkeit rostfreie Alu-Nägel oder feste Drahtbügel verwendet werden, die den Baum nur wenig schädigen. Eine freihängende Anbringung am Baum kann vor Nesträubern schützen.
Der Kasten kann auch ganz einfach mit einem Drahtbügel an eine Hauswand oder über einen stabilen Ast gehängt werden.
Ausrichtung
Nistkästen für Vögel sollten im Halbschatten und optimaler Weise nach Südosten hin angebracht werden.
Auch Süden oder Osten ist möglich, wenn der Aufhängeplatz windgeschützt und nicht direkt sonnenexponiert ist (Hitzeschlaggefahr!).
Die Wetterseite Westen sollte hingegen vermieden werden, da Wind und Regen durch das Einflugloch ins Innere eindringen können.
Bringen Sie den Nistkasten nach Möglichkeit im Herbst an, da die Kästen so bereits im Winter genutzt werden können z.B. zum Schlafen bzw. Überwintern von Kleinsäugern, Vögeln und Insekten. Dafür kann man ein größeres Bündel trockenes Moos (ohne Erde) oder Grashalme als Untergrund schon hineinlegen.
Werden die Nistkästen zu einem anderen Zeitpunkt des Jahres angebracht, freuen sich die Bewohner zur nächsten Brutsaison bzw. im nächsten Winter darüber.
Die jährliche Reinigung der Nisthilfen im Spätsommer ist nicht zwingend notwendig. Denn in der freien Natur geschieht dies unter normalen Umständen auch nicht. Allerdings reduziert die Reinigung deutlich den Parasitenbefall (z.B. Flöhe, Milben und Zecken).
Zum Reinigen sollten niemals scharfe chemische Reinigungsmittel oder gar Desinfektionsmittel verwendet werden. Es reicht, wenn der Vogelkasten gründlich ausgefegt wird. Bei stärkerer Verschmutzung darf mit klarem Wasser und gegebenenfalls etwas Neutralseife nachgeholfen werden (Anschließendes Trocknen nicht vergessen!).
Mit einsetzendem Herbst richten sich viele Kleintiere gerne ihr Winterquartier in Vogelnistkästen ein. Dazu zählen Ohrwürmer, Florfliegen, Wespen- und Hummelköniginnen sowie Säugetiere wie Siebenschläfer, Mäuse und Fledermäuse. Zudem übernachten einige Vogelarten wie etwa Meisen in kalten Winternächten gerne in den gut gepolsterten Quartieren.
Wer es bis zum Herbst nicht schafft, seine Nistkästen zu reinigen, kann dies auch zum Winterende hin tun. Es ist dann allerdings nicht ganz einfach, den richtigen Zeitpunkt abzupassen: Sind die Wintergäste schon wach und weg? bzw. Hat es unbemerkt schon einen Neubezug gegeben?
- Schutz z.B. vor Hauskatzen, Mardern und Waschbären
- in Betracht ziehen, wenn viele Hauskatzen streunen
- Vorbauten vor dem Loch, Spitzdächer oder lichtdurchlässige Vordächer können mehr Sicherheit bringen, insbesondere bei Halbhöhlenkästen
- Montage von speziellen Katzenabwehrgürteln aus dem Fachhandel, die um einen Baumstamm montiert werden, um ein Hochklettern zu vermeiden
- Plastikfolie von min. 50 cm Breite um den Stamm montieren (Folie ist zu glatt für Krallen bzw. beim Hochklettern.) oder besser Brombeer- bzw. Rosenranken um den Baumstamm binden als natürliche Abwehr.
- abhängig von Lebensraum und Nahrungsverfügbarkeit
- Zwischen Nisthilfen desselben Typs einen Abstand von mindestens 10 Metern einhalten.
- Nisthöhlen können auch als Übernachtungsplatz und Nahrungsdepot genutzt werden, daher sind bestenfalls rund 60-70 % der Kästen für Nester besetzt, die anderen aber nicht zwingend ungenutzt.
- Vorschlag für die Stadt:
60 % mit einem Lochdurchmesser von Ø 30-45 mm (z.B. Kohlmeise, Kleiber, Gartenrotschwanz, Haussperling, Star, Fledermäuse); 20 % Ø 26-29mm (z.B. Blaumeise, evtl. Zaunkönig); 20 % Halbhöhlen (z.B. Hausrotschwanz, Bachstelze, Grauschnäpper, evtl. Rotkehlchen, Zaunkönig)
- Die höchste Annahmerate haben „Meisenkästen“ mit einem Lochdurchmesser von Ø 34 mm.