BUND-Landesverband Hamburg

Beim Lärmschutz acht Jahre vergeudet

09. Juli 2021 | Fluglaerm, Lärm, Verkehr, Flugverkehr

Seit dem Lärmaktionsplan 2013 kaum neue Maßnahmen, Fortschreibung kommt drei Jahre zu spät / organisierte Nicht-Zuständigkeit der Behörden geht auf Kosten der Betroffenen

Zum Ende der Stellungnahmefrist für die 3. Fortschreibung des Hamburger Lärmaktionsplans (LAP) übt der BUND scharfe Kritik an der behördlichen Umsetzung des gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutzes in der Hansestadt. Seit der letzten Fortschreibung im Jahr 2013 habe es außer der Einrichtung weniger Tempo-30-Zonen keine erkennbaren Maßnahmen gegeben, die mit der konkreten Lärmbelastung an den hoch belasteten Straßenabschnitten in Zusammenhang stehen. Dazu komme, dass die Fortschreibung gemäß der EU-Umgebungsrichtlinie 2002/49/EG (Artikel 8) bis zum 18.07.2018 hätte vorliegen müssen und nicht erst drei Jahre später.

„Die BUKEA und die beteiligten Behörden haben offensichtlich kein Interesse daran, die Bevölkerung vor dem gesundheitsgefährdenden Lärm an Straßen, Schienen und im Einzugsbereich des Flughafens zu schützen. Die zersplitterte Zuständigkeit zwischen Umweltbehörde, Verkehrsbehörde und die für Beschränkungen und Tempolimits zuständige Innenbehörde geht auf Kosten Hunderttausender Menschen in Hamburg. Das ist keine Zuständigkeit, sondern organisierte Nicht-Zuständigkeit“, empört sich Martin Mosel, stellvertretender Vorsitzender des BUND Hamburg.

Um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, sollte laut Umweltbundesamt ein durchschnittlicher Schallpegel von 65 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) in der Nacht nicht überschritten werden. Davon ist Hamburg jedoch weit entfernt. Nach der letzten offiziellen Lärmkartierung von 2017 sind davon bei Tag rund 107.000 Menschen und in Nachtzeiten sogar 130.000 Menschen allein an den Hamburger Straßen betroffen. Der Schienen- und insbesondere der Fluglärm kommen noch dazu. Beeinträchtigungen des psychischen und sozialen Wohlbefindens treten nach Angaben des UBA zudem schon bei deutlich geringeren Werten auf. Die WHO Night Noise Guidelines (NNG) empfehlen bereits einen Zielwert von 40 dB(A).

Der BUND kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die aktuelle Lärmkartierung nach einer veränderten Methodik vorgenommen wurde und sich mit früheren Kartierungen kaum vergleichen lasse. Mögliche Fortschritte der Lärmaktionsplanung aus 2012 ließen sich damit nur schwer ermitteln.

In seiner Stellungnahme fordert der BUND, dass Hamburg dem Beispiel anderer europäischer Metropolen wie etwa Paris oder Madrid folgt und flächendeckend Tempo-30 als Regelgeschwindigkeit einführt. Hier sei insbesondere die Mitarbeit der Innenbehörde gefragt, die der BUND bislang als Blockiererin wahrnehme. Außerdem müssten gezielt unter Lärmaspekten Sanierungen des Straßenbelags mit sogenanntem Flüsterasphalt vorgenommen werden, Pflasterstraßen geschliffen und die Einrichtungen von Fahrradspuren konsequent durch die Reduzierung von Fahrspuren des Autoverkehrs erfolgen.

Für den Hamburger Flughafen sei zusammen mit den norddeutschen Luftverkehrsstandorten ein integriertes klima- und anwohnerverträgliches Luftverkehrskonzept erforderlich. Konsequent an den Klima- und Lärmschutzzielen orientiert, müssten wirksame Maßnahmen gegen einen weiteren Zuwachs des Luftverkehrs enthalten sein. Oberstes Ziel sei die Verlagerung von Flugverbindungen insbesondere für Kurzstrecken auf die Schiene sowie ein Nachtflugverbot ab 22 Uhr.

Um das – aus Sicht des BUND – Hauptproblem für den Lärmschutz in Hamburg, die zersplitterte Zuständigkeit der Behörden, aufzulösen, fordert der BUND eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe unter Federführung der Umweltbehörde. Diese müsse unter Einbeziehung von Sachverständigen konkrete und schnell wirksame Lösungen für die besonders von Lärm betroffenen Gebiete erarbeiten und der Bürgerschaft jährlich einen Sachstandsbericht vorlegen. „Weitere fünf Jahre ohne Entlastung für die von Lärm geplagten Bürgerinnen und Bürger darf es nicht geben“, so Martin Mosel.

Die ausführliche Stellungnahme des BUND zur Fortschreibung des Lärmaktionsplans finden Sie unter https://www.bund-hamburg.de/Stellungnahme-LAP.

Für Rückfragen: Paul Schmid, BUND-Pressesprecher, Tel. 040 600 387 12

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