Von Februar bis April ziehen Stinte zum Laichen aus der Nordsee die Elbe hoch – eigentlich. Schlechte Sauerstoffwerte, dichte Trübung sowie starke Strömung, verursacht durch die dauerhafte Baggeraktivität, reduzieren die Population der kleinen silbrigen Fische Jahr für Jahr drastisch. BUND, NABU und WWF machen die Elbvertiefungen für den dramatischen Zusammenbruch1 der einst riesigen Stintpopulation verantwortlich. Innerhalb von rund 15 Jahren hat die durchschnittliche Anzahl der Stinte in der Elbe um ca. 85 Prozent abgenommen.
„Forscher und Fischer beobachten den drastischen Rückgang der früher einmal immensen Stintbestände in der Elbe seit mehreren Jahren. Mit schwindender Lebensraumqualität und der ständigen Baggerei geht auch der Stint verloren und das hat Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem “, so die Verbände.
Das spiegelt auch die im Herbst des vergangenen Jahres veröffentlichte neue Rote Liste für Deutschland wider. Laut ihr gilt der Stint inzwischen als „stark gefährdet"², was vor allem durch den „starken Rückgang der früher sehr großen Populationen an den Küsten“ bestimmt wird. Das ist höchst problematisch, weil an dem eher unscheinbaren Fisch ein komplettes Ökosystem hängt. Schon jetzt fehlen den Seeschwalben, die an der Elbmündung brüten, Stinte als Hauptnahrung für ihre hungrigen Küken.
BUND, NABU und WWF appellieren: „Deutschland hat sich gegenüber der EU verpflichtet, den guten Zustand seiner Gewässer und Vogelschutzgebiete wiederherzustellen und zu erhalten. Vor diesem Hintergrund darf die im Rahmen der Elbvertiefung ausgebaggerte Fahrrinnentiefe nicht auf Kosten von Stint, Seeschwalbe und des ganzen Lebens in der Elbe aufrechterhalten werden. Der Stint, der in Hamburg noch auf den Tisch kommt, kommt nicht aus der Elbe, sondern aus anderen Gewässern. Es wird Zeit, dass wir Verantwortung für die Arten und Lebensräume vor unserer Haustür übernehmen.“
Für Rückfragen der Presse:
Linda Kahl – BUND Hamburg, Tel. 040 600 387 08
Malte Siegert – NABU Hamburg, Tel. 0173 937 32 41
Beatrice Claus – WWF Hamburg, Tel. 0151 18854968
1 Die Monitoringberichte zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmen-Richtlinie zeigen, dass die durchschnittliche Individuenzahl in den Jahren 2016 bis 2021 nur noch 15 Prozent beträgt, im Vergleich zum Zeitraum von 2001 bis 2005.
² Freyhof, J.; Bowler, D.; Broghammer, T.; Friedrichs-Manthey, M.; Heinze, S. & Wolter, C. (2023): Rote Liste und Gesamtartenliste der sich im Süßwasser reproduzierenden Fische und Neunaugen (Pisces et Cyclostomata) Deutschlands – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (6): 63 S.