Die geplante Trasse der A26 Ost soll nach Willen der Planfeststellungsbehörde ausgerechnet mitten durch den Lebensraum vieler Arten gehen, unter anderem auch des streng geschützten Moorfrosches. Nun hat der Vorhabensträger, die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES), mit ersten bauvorbereitenden Maßnahmen begonnen. Damit die dort lebenden Amphibienpopulationen, zu denen auch der Moorfrosch zählt, nicht ins Baufeld geraten, errichtete die DEGES Amphibienschutzzäune – offenbar ohne die nötige Fachkenntnis.
Dazu Dr. Gisela Bertram, stv. Landesvorsitzende des BUND Hamburg:
“Es ist schmerzhaft, mit anzusehen, wie sich ein Krötenpärchen abmüht, in die Richtung zu gehen, in die es gehen muss, es aber immer wieder auf einen unüberwindlichen Zaun stößt, der sie von ihrem Laichgewässer abhält. Diese Zäune sind nicht für die Tiere, sondern gegen sie. Solche Zäune, wie die DEGES sie in Moorburg aufgebaut hat, werden zu potenziell tödlichen Fallen! Selbst wenn die Tötung der Tiere im Baufeld vermieden wird, gefährdet die Zerschneidung ihrer Lebensräume und das Isolieren in Zaunbereichen die Überlebensfähigkeit von Populationen wie dem streng geschützten Moorfrosch sowie Erdkröten und Grasfröschen. Die DEGES hat in Moorburg ein kilometerlanges Zaunlabyrinth aufgebaut, das die Landschaft und damit die Lebensräume zerschneidet. Teils sind sogar vollständig eingezäunte Bereiche entstanden, aus denen Tiere, die nicht fliegen oder höher als 60 cm springen können, nicht mehr entkommen können. Die Tiere sind damit über lange Zeiträume eingesperrt. Eine Zeitangabe machte die DEGES uns auch auf Nachfrage nicht; doch die Maßnahme soll für den gesamten Bauzeitraum gelten und damit mehrere Jahre: Das ist keine Maßnahme für den Artenschutz, das ist eine Falle!“
Die in diesem Frühjahr erstmals errichteten Folienzäune im Fürsten- und im Käthnermoor in Moorburg sind kilometerlang und treffen an etlichen Stellen im spitzen Winkel aufeinander. In den so entstehenden Trichtern sind die Tiere dann so gut wie gefangen. Die Zäune sollen die Tiere daran hindern, zu ihren im Baufeld oder dahinter liegenden Laichgewässern zu gelangen. Amphibien kehren zum Ablaichen immer dorthin zurück, wo sie selbst einst geschlüpft waren – das zu verhindern, ist aus naturschutzfachlicher Perspektive problematisch.
Das Prinzip solcher Amphibienzäune ist eigentlich bewährt. Sie werden meist an vielbefahrenen Straßen aufgebaut und von Freiwilligen betreut. Der Zaun verhindert, dass Kröten und Co auf einen Verkehrsweg laufen und dort tödlich unter die Räder kommen. Dazu werden die Tiere in eingegrabenen Eimern gefangen und täglich von Freiwilligen eingesammelt und zu den Laichgewässern getragen. Beides, Eimer wie Freiwillige, fehlen jedoch an den Zäunen der DEGES. Bei einer Begehung am 31.03. abends sichteten Expertinnen des BUND allein an einer Stelle des Zauns binnen kurzer Zeit über 30 Tiere, die ohne Ausstiegsmöglichkeiten am Zaun saßen und aus eigener Kraft nicht mehr weiterkommen konnten.
Zusätzlich zu den planfestgestellten Zäunen wurden weitere hunderte Meter Folienzäune aufgebaut, die nicht planfestgestellt sind. Durch die vielen Zäune ist es den Amphibien nicht möglich, zwischen ihren Teillebensräumen hin und her zuwandern. Vom Überwinterungs-Land-Lebensraum zum Laichgewässer und zum Sommer-Landhabitat oder zurück: in Moorburg sind dort nun überall Zäune im Weg.
Zum Hintergrund:
Die Populationen aller Amphibien haben in den letzten Jahrzehnten sowohl in Hamburg als auch weltweit massiv abgenommen. Gründe dafür sind die Zerstörung und Zerschneidung von Lebensräumen und der Verlust von Gewässern durch Überbauung (wie genau im aufgeführten Beispiel auf der Baustelle der A26 Ost.) Ein weiteres massives Problem ist die zunehmende Erderhitzung mit den damit einhergehenden zunehmenden Trockenperioden. So war der März in Hamburg deutlich zu trocken, was den Populationen sehr zu schaffen macht.
NABU und BUND klagen gemeinsam gegen den Planfeststellungsbeschluss für den ersten Bauabschnitt der A26 Ost. Einen Eilantrag lehnte das Bundesverwaltungsgericht ab, daher wird der Bau weiter vorbereitet.
Für Rückfragen:
Sabine Sommer, Landesvorsitzende BUND Hamburg, sabine.sommer(at)bund-hamburg.de, Tel: 040 - 600 387 18