BUND-Landesverband Hamburg

Schattenseiten der Nutzung

Die intensive Nutzung der Elbe für Schifffahrt und Co. bringt zwar viele wirtschaftliche Vorteile aber leider noch mehr ökologische Nachteile.

Die Elbe wird seit vielen Jahren intensiv durch den Menschen genutzt. Fischerei, Landwirtschaft und Tourismus, aber auch Industrie, Schifffahrt, Häfen und Hochwasserschutz prägen den Fluss. Vor ca. 150 Jahren begann zur Erhöhung der Nutzbarkeit der menschliche Eingriff in das Ökosystem Ästuar.

So wurden zum Beispiel die Schifffahrtsrinnen seit 1818 immer wieder verbreitert und vertieft, um die Tideelbe den Größen der Containerschiffen anzupassen, die den Hamburger Hafen anlaufen wollen. Von ursprünglich -3,5 m Tiefe ist unser Fluss in vier Vertiefungen bisher auf -15,3 m ausgebaggert worden. Schon allein der Baggerprozess selbst ist schädlich für das Ökosystem des Flusses: Die Hopperbagger die eingesetzt werden, sind frei fahrende „Laderaumsaugbaggerschiffe“ und nehmen wie Staubsauger den kompletten Flussboden auf. Dabei lassen sie tote Gewässerböden zurück. Krebstiere, Würmer, Muscheln, Schnecken, es ist ein Todesurteil für die Kleinstlebewesen dort am Grund. Leider beschränkt sich dieser Einfluss nicht nur auf die eigentliche Vertiefung, sondern um die Tiefe des Fahrwassers beizubehalten, muss ständig weiter gebaggert werden.

Die Reaktion der Natur zum Ausgleich der Vertiefung ist ein zunehmender Sedimenttransport, sodass sich das Ungleichgewicht zwischen Auf- und Abstrom mit jeder Vertiefung verstärkt. Die Folgen: Ständig steigende Kosten für den Baggeraufwand, zusätzlicher Abtrag der von Natur aus unebenen Gewässersohle, sodass die hereinkommende Flut weniger Wiederstand hat. Daraus folgen wiederum hohe Strömungsgeschwindigkeiten und ein stärkerer Tidehub, also die Differenz zwischen den Wasserständen. Dieser sogenannte tidal pumping Effekt hat natürlich starke Auswirkungen auf die Lebensräume, da bei Ebbe wichtige Flachwasserzonen trocken fallen oder verschlicken, die besonders ökologisch wertvoll sind und mit ihrem hohen Sauerstoffeintrag und der Nutzung als Brut-, Aufzucht und Ruheplätze für Fische dienen. Höhere Flut bedeutet zudem auch erhöhte Hochwassergefahr.

Außerdem vergrößern sich die Brackwasserzonen, in denen sich Süß- und Meerwasser vermischen, sodass das Salzwasser weiter stromaufwärts vordringt und seltene tidebeeinflusste Süßwasserlebensräume, wie z.B. die stark bedrohten Tideauwälder, schrumpfen. Die Verschiebung der Brackwasserzone gefährdet auch die Obstbauern im Alten Land, da der höhere Salzgehalt die Bewässerung der Plantagen unmöglich macht.

Weiterhin belastet das Ausbaggern für die Schifffahrt auch die Gewässergüte. Durch die erhöhte Schwebstoffanreicherung verringert sich die Sichttiefe im Fluss und die Mikroorganismen, die die Sedimente abbauen, nehmen zu. Während dieses Abbaus wird jedoch Sauerstoff verbraucht und gerade in warmen Wasser im Sommer vermehren sich die Sauerstoff-zehrenden Mikroorganismen stark und der Sauerstoffgehalt im Fluss fällt unter ein Minimum. Ein Todesurteil für die meisten Fischarten. Dazu kommen noch durch den Lichtmangel abgestorbene Algen, deren tote Biomasse ebenfalls wieder unter Sauerstoffverbrauch von Bakterien zersetzt wird. Es entstehen daher vor allem in Hafenbereich regelrechte Sauerstofflöcher, die unüberwindbare Hindernisse für Lebewesen, wie z.B. seltene wandernde Fischarten darstellen.

Ein weiterer großer Eingriff in das Ökosystem Elbe stellen die Begradigung und Eindeichung des Flusslaufes für Wasserbau und Hochwasserschutz dar.

Steinschüttungen oder Buhnen werden als Schutz vor Uferabbrüchen angelegt, Feuchtwiesen und Auwälder von der Flussdynamik abgeschnitten. Seit  1950 gibt es an der Elbe über 20.000 ha Vordeichfläche weniger, das sind nicht mal mehr 10 % der ursprünglichen, wertvollen Überschwemmungsgebiete. Naturnahe Uferlebensräume gehen verloren, Flachwasserzonen und Gewässergrund verschlicken, weniger sandige und kiesige Flächen bedeuten auch weniger Untergrund für Eiablage von z.B. Schnäpeln oder Maifischen.

Trotz aller Nutzung des Flusses ist es daher dringend nötig wieder mehr Raum für das Ökosystem Fluss zuzulassen. Wir brauchen eine naturverträgliche Entwicklung der Schifffahrtsstraße um die Reste eines wertvollen Lebensraums zu erhalten.

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