BUND-Landesverband Hamburg

Streuobstwiese Appelwisch

Inmitten von Wohnbebauung finden sich alte Obstsorten und Naherholung!

40 Jahre betreuten Elke und Dieter Nitz in Hamburg-Sasel die Obstwiese „Appelwisch“. Eigentlich wollten sie nur eine Koppel für ihr Pony pachten, dabei entdeckten sie die historische Streuobstwiese mitten in Sasel.

Ihren Ursprung hat die Wiese Ende der 30er-Jahre. Der Landwirt Hans Joachim Kramp legte sie damals als Erweiterung zu seinem Gemüseanbau an.  

In den 80er-Jahren waren viele der Apfelbäume unter starker Bewaldung verborgen und teils abgestorben. Elke und Dieter Nitz legten den gesamten Restbestand der Obstwiese nach und nach frei und sicherten damit 120 Apfelbäume mit 30 verschiedenen alten Apfelsorten – darunter so seltene wie die Bananen-Renette oder den Lord Derby. Mittlerweile ist der Apfelbaumbestand auf 200 Bäume gewachsen mit über 100 verschiedenen Sorten.

Diese Sortenvielfalt auf einer Apfelwiese ist einmalig in Hamburg und vergleichbar mit Sammlungen wie dem Haseldorfer Obstgarten.
Doch die Appelwisch ist originär ein Stück alter Kulturlandschaft und weist heute alle Eigenschaften des Biotops „Obstwiese“ auf. Der Pomologen-Verein e.V. nahm sie als Archiv für „in situ“ gerettete alte Apfelsorten in das Konzept zur Sortenerhaltung auf. 

Elke und Dieter Nitz waren auch mit anderen Fachverbänden vernetzt. Die Schirmherrschaft über die Wiese übernahm im Jahre 2000 der BUND Hamburg.

Von Juli bis Dezember ist Erntezeit. Der überwiegende Teil der Äpfel wird vor Ort zu Apfelsaft verarbeitet. Im Naturlager halten sich aber auch die späten alten Sorten monatelang knackig und frisch.

Immer wieder finden auf der Appelwisch Weiterbildungsangebote statt, wie Schnittkurse und Sensenkurse oder Fortbildungen zur Streuobstpädagogik.

Besondere Aufmerksamkeit erfahren Kindergärten und Schulklassen aus der näheren und weiteren Umgebung. Sie können während der Ernte nach Absprache zu Apfelprojekttagen auf die Wiese kommen. Die Kinder sammeln und pressen die Äpfel dabei selbst und lernen, wie der leckere Apfelsaft hergestellt wird.

Einige Klassen kommen schon zur Blüte oder pflanzen Bäume und werden so mit der Vielfalt des Lebensraums Obstwiese vertraut. Imker Axel Petzold unterstützt die Appelwisch zur Blüte mit seinen Bienenvölkern und gibt gern sein Wissen über die fleißigen Insekten weiter. 

Seltene Tier- und Pflanzenarten

In den 50er und 60er Jahren verschwanden in Hamburg fast 90 Prozent der bis dahin zahlreichen traditionellen Obstwiesen. Ursache war u.a. der moderne Erwerbsobstbau sowie der Straßen- und Wohnungsbau. Dabei sind Obstwiesen gerade in einer Großstadt von unschätzbarem Wert. Sie sind heutzutage „Hot Spots“ der Artenvielfalt.

Angesichts der immer dichteren Bebauung der Nachbarschaft ist die Appelwisch ein grüner Rückzugsraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Die Umrandung der Wiese mit einer Benjeshecke und Knicks bietet vielen Tieren Unterschlupf und sehr gute Nistmöglichkeiten.

Die Vogelwelt ist sehr vielfältig. Eine Reihe von Brutvögeln wurden auf der Appelwisch und in der Umgebung gesichtet: Amsel, Kohl-, Blaumeise, Grünfink, Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen, Zaunkönig, Buchfink, Elster, Feldsperling, Singdrossel, Heckenbraunelle, Zilpzalp, Kleiber, Buntspecht, Rabenkrähe, Gimpel, Eichelhäher, Star, Kernbeißer, Misteldrossel, Gartenbaumläufer, Schwanz-, Sumpfmeise, Klappergrasmücke (in Reihenfolge der Häufigkeit).  
Besonders im Winter schätzen Nahrungsgäste, wie Grünspecht, Saatkrähe, Wacholder-, Rotdrossel, Erlenzeisig, Bergfink, Tannen-, Haubenmeise, Mäusebussard und in manchen Wintern der Seidenschwanz die Vielfalt des Apfel- und Beerenangebotes.

Diese Fledermäuse werden häufig gesichtet: Großer  Abendsegler, Breitflügelfledermaus, Zwergfledermaus.
Die Pflanzen auf der Appelwisch (neben Obst, Beeren, Schlehen, Weiden, Brennnesseln, Erlen, …) bieten von Februar bis Herbst, neben der Apfelbaumblüte, Nektar, Pollen und Nahrung für Insekten, Vögel und andere Tiere.

Text: Ulrich Kubina

2016 erhielten Elke und Dieter Nitz für ihre Arbeit den Alstertaler Bürgerpreis, 2017 wurde ihnen die Silberpflanze der Loki Schmidt Stiftung verliehen. 

Um den wertvollen und besonderen Lebensraum mit einer reichen Artenvielfalt langfristig zu sichern, kaufte die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) 2019 die Streuobstwiese „Appelwisch“ in Sasel im Auftrag von Senators Jens Kerstan.

In einer Bestandsaufnahme und Bewertung von 2011 sind 140 Käferarten gefunden worden. Davon stehen 21 auf der Roten Liste gefährdeter Arten, wie etwa der Rindenkäfer Phloeonomus minimus. 61 Käferarten sind xylobionte Arten, die an Alt- und Totholz oder Obstbäume als Lebensraum gebunden sind. Viele davon finden andernorts kaum noch geeigneten Lebensraum.

Angebote zum Mitmachen

  • für Kindergärten und Grundschulklassen
  • Obstbaumschnittkurse
  • Help-Days und Ernteeinsätze

Wer Lust hat bei der Pflege der Streuobstwiese mitzuhelfen ist herzlich willkommen. Regelmäßig finden mittwochs nachmittags Pflegeeinsätze statt - meldet Euch dafür bei Nora Kolter unter streuobst(at)bund-hamburg.de

 

Projekt Streuobstwiesen für Naturschutz und Umweltbildung in Hamburg

Nora Kolter


E-Mail schreiben Tel.: 040 / 600 387 14

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