Die Umweltverbände BUND und NABU haben heute angekündigt, den „Runden Tisch Rissen-Sülldorf“ vor der abschließenden Sitzung am kommenden Montag zu verlassen und vom „Runden Tisch“ formulierte Ergebnisse nicht mitzutragen. Die Gespräche seien auf ganzer Linie gescheitert, insbesondere weil zentrale Absprachen zu Lasten der Natur nach Kenntnis der Verbände zwischen der Wirtschaftsbehörde (BWVI), dem Bezirk und den in der Feldmark ansässigen Landwirten intern verhandelt werden.
Streitpunkt ist der Bebauungsplan Rissen 44 / Sülldorf 18 / Iserbrook 26, der die Nutzung und weitere Inanspruchnahme von Flächen in der für die Natur besonders bedeutsamen Rissen-Sülldorfer Feldmark verbindlich regeln und die Feldmark vor einer Zersiedelung schützen sollte. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass für das Gebiet, in dem u.a. Kiebitze, Wachholderdrossel und Bekassine brüten, beim Bezirksamt Altona mittlerweile mehr als 60 Bauanträge vorliegen, darunter ein Neubaugebiet, ein Mobilfunkmast und eine Biogasanlage. Weil die Landwirte die im Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan vorgesehenen Beschränkungen nicht hinnehmen wollten, berief die Bezirkspolitik im Herbst 2014 einen Runden Tisch ein, um einen Interessenausgleich aller Belange zu erarbeiten. Doch zum Ende des Runden Tisches zeichnet sich ab, dass es den angestrebten „tragfähigen Kompromiss“ nicht geben wird.
„Die Landwirte waren von Anfang an nicht an einem Interessenausgleich interessiert. Über ihre Anwälte ließen sie während des Runden Tischs mehrmals ausrichten, dass sie den Bebauungsplan in Gänze ablehnen“, stellt Dr. Christian Gerbich, Naturschutzreferent beim NABU Hamburg und Teilnehmer des Runden Tisches fest. Gleichzeitig hätten sie nach Kenntnis der Umweltverbände in Parallelgesprächen mit der BWVI und den Altonaer Bezirksabgeordneten dem ursprünglichen Ziel des Bebauungsplanes entgegenstehende Zugeständnisse für die Landwirtschaft ausgehandelt.
„Der alleinige Verlierer des Runden Tisches ist der Naturschutz“, ergänzt Dr. Gisela Bertram, die für den BUND Hamburg an den Gesprächen teilgenommen hatte. So seien die als Ersatz für Baumaßnahmen vorgesehenen Ausgleichsflächen bereits von 43 auf 27 Hektar eingeschränkt worden, weitere Reduzierungen in direkter Absprache mit der BWVI seien bereits angekündigt. Dazu käme, dass neben der Ausweitung der Hofstellen - sogar ohne konkreten Bedarfsnachweis - auch Nutzungen inmitten der Feldmark etwa für Lagerhallen und Offenställe möglich sein sollen. Die Festschreibung des für die wiesenbrütenden Vögel so wertvollen Dauergrünlands soll dagegen von derzeit 170 Hektar auf 130 Hektar zurückgehen.
„Die absehbaren Änderungen am Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans bringen keinerlei Verbesserungen für den Naturschutz und werden den seit Jahren festzustellenden Rückgang der Brutvögel in der Feldmark sogar noch beschleunigen“, resümieren die Umweltverbände. Die Teilnahme an der letzten Sitzung des „Runden Tisch“ sei in diesem Fall daher nicht nur überflüssig, sie würde das Gremium auf unzulässige Weise legitimieren, begründen Gisela Bertram und Christian Gerbich den Ausstieg von BUND und NABU kurz vor dem offiziellen Ende der Gesprächsrunde.
Paul Schmid, BUND-Pressesprecher, Tel. (040) 600 387 12