Entscheidende Weichenstellungen bleiben offen

24. April 2025 | Artenschutz, Flaechenschutz, Klimaschutz, Energie, Naturschutz, Verkehr

BUND zum neuen Koalitionsvertrag in Hamburg

BUND zum neuen Koalitionsvertrag in Hamburg

Die beiden künftigen Koalitionsparteien in Hamburg, SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben den neuen Koalitionsvertrag vorgestellt. Sabine Sommer, Vorsitzende BUND Hamburg, kommentiert:

Im neuen Koalitionsvertrag fehlen trotz in Teilen guter Ansätze die konsequente Ausrichtung auf ein klimaneutrales Hamburg und die klimaangepasste Stadt. Dabei wird gerade die kommende Legislatur bis 2030 entscheidend dafür sein, um die Weichen für ein klimaneutrales und zukunftsfähiges, an heißere Temperaturen und Extremwettereignisse angepasstes Hamburg zu stellen. Die wichtige Frage, wie Menschen für den notwendigen Umbau der Stadt gewonnen werden können, lässt der Vertrag offen.

Mit der Berufung von Katharina Fegebank zur Umweltsenatorin bekommt die Umweltpolitik für die Zukunft den dringend nötigen Rückhalt für das Lösen der Klima- & Artenkrisen. Die künftige zweite Bürgermeisterin bringt hierfür nicht nur politische Erfahrung, sondern auch strategisches Gewicht ein. „Der entscheidende Doppelpass für Hamburgs Zukunft läuft künftig zwischen der Senatskanzlei und der Umweltbehörde – zwischen Peter Tschentscher und Katharina Fegebank“, so Sabine Sommer. Damit eröffnet sich die Chance auf eine deutlich stärkere Verankerung von Umwelt- und Klimapolitik im Zentrum der Regierungstätigkeit.

Energie und Klima

Für den Klimabereich befürworten wir die geplante Dekarbonisierung der Energieversorgung und Fernwärme in Hamburg.

Wir bewerten auch die geplante schnelle Umsetzung der Klimaziele im Gebäudesektor und die Ausweisung zusätzlicher Fördertöpfe für die energetische Sanierung positiv.

Wir begrüßen, dass Hamburg eine Photovoltaik-Strategie entwickelt hat. Dass diese auch Freiflächen-PV berücksichtigt, ist aus unserer Sicht jedoch unverständlich. Hamburg verfügt über ausreichend viele versiegelte, für PV-geeignete Flächen, so dass dafür die knappen Freiflächen nicht in Anspruch genommen werden müssen.

Die Entwicklung einer eigenen Hamburg-Strategie zur CO2-Abscheidung hingegen lehnen wir entschieden ab. Hamburg muss sich vielmehr auf die Wiederherstellung seiner natürlichen Senken fokussieren, um die fossile Abhängigkeit nicht weiter zu zementieren.

Verkehr

In der Verkehrspolitik finden sich gute Akzente, zum Beispiel der weitere Ausbau von ÖPNV und Fahrradinfrastruktur. Beides ist dringend notwendig, um die Verkehrswende weiter voranzubringen.

Das Festhalten an fossilen Projekten wie der Erweiterung der A1 und vor allem am Neubau der A 26 Ost bleibt hingegen unverständlich. Hamburg braucht ein klares Bekenntnis zum Erhalt und der Sanierung bestehender Infrastruktur bevor neue, kostenintensiven Planungen begonnen werden.

Am Flughafen Hamburg mit seinen immensen nächtlichen Lärmbelastungen mitten in der Stadt ist eine „Prüfung“ der Verspätungsregelung nicht ausreichend, wenn die Genehmigungen verspäteter Flüge nicht endlich ernsthaft eingeschränkt wird.

In der Hafenpolitik fehlen die Antworten darauf, wie sich der Hamburger Hafen künftig ohne ein signifikantes Containerumschlagswachstum entwickeln kann. Weder auf die hohen finanziellen und ökologischen Kosten der ständigen Baggerarbeiten, noch auf Entsorgung der hochbelasteten Sedimente gibt der Koalitionsvertrag eine Antwort, es bleibt das „weiter wie bisher“.

Flächenschutz

Im Natur- und Flächenschutz fehlt die Antwort auf die Frage, wie bezahlbarer Wohnraum ohne die zusätzliche Neuversiegelung von Grünflächen geschaffen werden soll. Damit verweigert der künftige Senat eine Antwort auf eine der unmittelbarsten Probleme der Stadt: die Wohnungsnot.

Der Koalitionsvertrag benennt viele Neubauprojekte in Wilhelmsburg, u.a. das Spreehafenviertel („Wilde Wald“), die umgesetzt werden sollen. Das konterkariert die Bemühungen darum, keine weiteren unversiegelten Flächen in Anspruch zu nehmen. Gerade der „Wilde Wald“ erfüllt neben seiner Funktion als Rückzugsort für viele Arten weitere wichtige Aufgaben für das Stadtklima vor Ort. Damit konterkarieren diese geplanten Bauprojekte die enorm wichtige – und als solche im Koalitionsvertrag auch anerkannte - Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen in der Stadt.

Dabei ist deren zügige und konsequente Umsetzung unerlässlich. Dafür sind umfangreiche finanzielle und personelle Ressourcen für die Behörden notwendig. Das adressiert die Koalition nicht.

Das geplante Bodenentsiegelungsprogramm ist sinnvoll, noch sinnvoller wäre, gar nicht erst neue Flächen zu versiegeln.

Wir begrüßen, dass das Verbandsklagerecht im Hamburger Koalitionsvertrag nicht in Frage gestellt wird. Da dieses Thema auf Bundes- und letztlich auf EU-Ebene entschieden werden wird, erwarten wir, dass Hamburg für den Erhalt der Verbandsklage im Bundesrat eintreten wird.

Planungsbeschleunigung darf keinesfalls zu Lasten von Natur und Artenschutz gehen. Ein wichtiges Prüfkriterium für Bauvorhaben muss sein, ob sie klima- und naturverträglich umsetzbar und damit zukunftsfähig sind.

„Der neue Koalitionsvertrag enthält einige gute Impulse, aber es bedarf weiterer konkreter Schritte, um Hamburg auf einen nachhaltigen Kurs zu bringen“, so Sabine Sommer, Landesvorsitzende des BUND Hamburg. „Wir stehen bereit, diesen Prozess konstruktiv zu begleiten und unsere Expertise einzubringen, damit Hamburg zukunftsfähig wird.“

Für Rückfragen: Sabine Sommer, Landesvorsitzende, BUND Hamburg, sabine.sommer(at)bund-hamburg.de, Tel.: 0160 799 09 4

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