Gemeinsam mit der AG Naturschutz haben die Umweltverbände BUND Hamburg und NABU Hamburg fristgerecht ihre Stellungnahme zum achtspurigen Ausbau der A 1 zwischen dem AD HH-Südost und der AS HH-Harburg, Planungsabschnitt Nord eingereicht. Abgesehen von erheblichen Mängeln in der Planung und einer sträflichen Missachtung der bundesdeutschen Klimaschutzgesetzgebung sehen die Umweltverbände vor allem gravierende negative Auswirkungen auf wertvolle Naturräume. So werden besonders sensible ökologische Bereiche entlang der A 1 mit Blick auf geschützte Lebensräume und Arten sowie hinsichtlich ihrer Funktion als Kohlenstoffspeicher degradiert oder sogar zerstört. Mit dem Holzhafen, dem Heuckenlock, der Rhee und der Auenlandschaft Obere Tideelbe sind gleich mehrere Naturschutz- und Natura 2000-Gebiete entlang der A 1 direkt von Flächenverlust und ökologischer Entwertung betroffen.
Das Ausbauvorhaben der A 1 muss zudem im Bereich Stillhorn planerisch mit der geplanten A 26 Ost verschnitten werden. Sowohl die A 1 als auch die – angesichts eines nachhaltigen Hafenabschwungs überflüssig gewordene – Hafenpassage A 26 Ost sind nach Einschätzung der Umweltverbände völlig aus der Zeit gefallen. Vor dem Hintergrund der politisch forcierten Mobilitätswende mit einer Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene sind aus Sicht von NABU, BUND und AG Naturschutz veraltete Fernstraßenausbauten nicht mehr mit „zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses“ zu rechtfertigen, wie es in der Planrechtfertigung heißt.
„Wirklich ‚zwingende‘ Gründe oder ein echtes ‚herausragendes öffentliches Interesse‘ wäre angesichts einer zunehmend sicht- und fühlbaren Klima- und Naturkrise der Verzicht auf den weiteren Neu- und Ausbau von Autobahnen. Statt mit veralteten Infrastrukturvorhaben ‚full speed‘ in die Vergangenheit zu rasen, sollten sich Hamburg und der Bund endlich aufmachen, verantwortungsvoll eine zukunftstaugliche und nachhaltige Verkehrsentwicklung zu organisieren. Wachstum auf der Straße einfach linear in die Zukunft fortzuschreiben, zeugt von fehlender Kreativität bei der Steuerung von Verkehr und offenbart einen erheblichen Mangel an Gestaltungswillen, der vor allem bundesdeutschen Verkehrsministern wie Straßendreck am Dienstwagen zu kleben scheint“, sagt Sabine Sommer, Vorsitzende des BUND Hamburg. Besser fürs Klima sei, nun endlich die kaputt gesparte Bahn von Grund auf zu sanieren und den ÖPNV zu stärken.
Dass der geplante Verlust von u.a. sieben Hektar strukturell vielfältiger Waldfläche sowie gesetzlich streng geschützter Biotope (§ 30 Bundesnaturschutzgesetz) zudem weder angemessen noch vollständig in räumlicher Nähe ausgeglichen werden soll, zeugt nach Auffassung von BUND, NABU und AG Naturschutz von einer nach wie vor ignoranten Haltung seitens der Politik, Verwaltung und den Vorhabenträgern im Umgang mit ungebremsten Vorhabens-bedingten Verlusten von Lebensräumen und Arten. Geplante Ersatzgeldzahlungen für nicht ausgleichbare Baumverluste und Teilverluste des Schutzgutes Tiere und Pflanzen sowie der Ersatz von insgesamt sieben Hektar Wald in Mecklenburg- Vorpommern für die Autobahn A 1 nützen vielleicht dem Vorhabensträger für ein schlankes Verfahren, nicht aber der Natur.
„Es wird von den politischen Verantwortlichen einfach weiter gemacht, als gäbe es kein Morgen. Dabei sind noch nicht einmal mehr Naturschutzgebiete heilig, wo Natur angeblich besonderen Schutz genießt. Rechnet man zu den sieben Hektar Waldverlust für die A 1 noch die Abholzung von acht Hektar Wald für die geplante Wohnbebauung am Ernst-August-Kanal in Wilhelmsburg sowie den Verlust von 40 Hektar wertvoller Moorfläche für die A 26 Ost bei Moorburg dazu, wird nur an diesen wenigen Beispielen deutlich, mit welcher Geschwindigkeit und in welchem Umfang die dramatische Naturverlustentwicklung für fragwürdige Projekte allein im Bundesland Hamburg voranschreitet“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender vom NABU Hamburg.
Nach Einschätzung von BUND, NABU und AG Naturschutz ist die zwingende Notwendigkeit, Naturleistungen wie sauberes Wasser oder reine Luft durch intakte Ökosysteme zu erhalten und wiederherzustellen, in den Köpfen der Entscheidungsträger noch nicht angekommen. Dieser fatale blinde Fleck fürs Wesentliche sollte den Menschen, welche die politisch Verantwortlichen wählen, ernsthaft Sorge bereiten.
Für Rückfragen:
BUND, Sabine Sommer, Landesvorsitzende, Tel.: 040 / 600 387 18, sabine.sommer(at)bund-hamburg.de
NABU, Malte Siegert, Landesvorsitzender, Tel.: 0173 / 937 32 41, siegert(at)NABU-Hamburg.de